Von der Skizze bis zum Modell – alles aus einer Hand

Die Silberform AG aus Warmbronn in der Region Stuttgart arbeitet als führender Design- und Entwicklungsdienstleiter für alle deutschen Automobilhersteller. Zum Portfolio gehören neben der Design- und Entwurfsphase auch Entwicklung und Realisation von 1:1-Modellen, Prototypen und Sonderfahrzeugen. 180 Mitarbeiter an drei Standorten erwirtschaften heute einen Umsatz von rund 20 Millionen Euro.

Im Gegensatz zur Wasch- oder Spülmaschine, bei deren Kauf man weniger auf das Äußere als auf das Fassungsvermögen, den Strom- und den Wasserverbrauch achtet, spielt beim Autokauf das Äußere eine sehr wichtige Rolle. Entsprechend legen sich die Automobilhersteller beim Design ins Zeug. Das geht soweit, dass ein neues Modell, ehe es endlich auf den Markt kommt, monatelang wie ein Staatsgeheimnis versteckt wird. Für Jürgen Müller, Vorstand der Silberform AG aus Warmbronn in der Region Stuttgart, gehören Verschwiegenheit und Geheimhaltung deshalb zum Credo seines Unternehmens. Nicht nur nach außen, sondern auch zwischen den Kunden darf nicht das geringste Detail durchsickern – und das ist nicht ganz einfach, da alle großen deutschen Automobilhersteller zur Kundschaft des Design-Dienstleisters gehören. Zum Portfolio zählen neben der Design- und Entwurfsphase auch 1:1-Modelle sowie der Bau von Prototypen- und Sonderfahrzeugen. Die ziemlich einmalige Fertigungstiefe macht die im Jahr 2010 gegründete Silberform AG zu einem der bedeutendsten Design- und Entwicklungsdienstleister in Deutschland. Dabei sah es zunächst gar nicht gut aus…

Aus der Insolvenz zur Technologieführerschaft in nur fünf Jahren

Gründung und Aufbau der Silberform AG sind den Ideen und Kontakten des 54-jährigen Vorstands Jürgen Müller zu verdanken. Er hatte, nachdem er 20 Jahre lang als Karosseriebauer, Konstrukteur und Entwickler bei Daimler gearbeitet hatte, die Design GmbH gegründet und 2005 an die Daimler-Tochter MB-Tech verkauft. Die anschließende Neu-Gründung der Silberform AG erwies sich als unerwartet große Herausforderung. „Ich habe alles Ersparte, auch das von Freunden und Bekannten, insgesamt sieben Millionen Euro aufs Spiel gesetzt“, erklärt Müller. Eigentlich hatte er sein aktives Arbeitsleben mit 50 Jahren beenden wollen, um sich nur noch seinem Hobby – Extremurlauben – zu widmen. Nachdem er sich kurzfristig entschlossen hatte, im Jahr 2010 die insolvente Messmotech in Renningen zu kaufen, konnte er das Unternehmen retten, umbenennen und zu einem führenden Dienstleister entwickeln. „Nach fünf Jahren ist zu 95 Prozent eingetroffen, was wir geplant haben; wir sind ein überaus profitables Unternehmen geworden, das sich am Markt sehr gut etabliert hat und fast ausschließlich für OEMs arbeitet“, sagt Jürgen Müller. (OEM steht für Original Equipment Manufacturers, gemeint sind Originalhersteller.)    Heute gibt es neben dem Hauptsitz in Warmbronn – hier sind die Verwaltung und das Engineering angesiedelt und elf Designstudios und Werkstätten auf dem 10.000 Quadratmeter großen Gelände in Renningen – auch ein kleines Werk im polnischen Krakau.

Arbeiten unter höchster Geheimhaltung

Der Anspruch von Silberform ist es, die Kunden in den hochkomplexen Design- und Entwicklungsprojekten mit Know-how, Innovationskraft und Flexibilität zu unterstützen. Silberform arbeitet den Designern bei Porsche, Daimler und den anderen OEMs zu, setzt deren Vorgaben um, damit neue Modelle maßstabsgetreu präsentiert werden können. „Eigene Ideen einzubringen wäre in diesem Business heikel, denn wenn ich einen Außenspiegel, Kotflügel oder ein Rücklicht für den einen Kunden entwerfe, taucht eine ähnliche Idee garantiert auch bei einem anderen Kunden auf, das passiert unterbewusst und lässt sich nicht vermeiden“, erklärt Jürgen Müller. „Deshalb halten wir uns streng an die Vorgaben der Designer, sind froh über Lob und Folgeaufträge, aber die Lorbeeren bleiben beim Chefdesigner des OEMs.“

Selbstverständlich unterliegt alles, was in den Designstudios geschieht, maximaler Geheimhaltung: Ein- und Ausgänge werden streng kontrolliert, Zugang haben nur die unmittelbar an einem Projekt arbeitenden Mitarbeiter. Fotografieren ist generell verboten, Mobiltelefone dürfen nicht mal mit ins Werk gebracht werden. Drahtloses Internet – WLAN – kommt nicht infrage. Die Auflagen der Automobilhersteller für ihre Zulieferer sind überaus umfangreich, die strengste Zertifizierung Pflicht. „In unserer Arbeit steckt die Zukunft der Automobilindustrie, das ist ein zwar schönes, aber auch sehr anspruchsvolles Geschäft, denn wir arbeiten immer unter extremem Zeit- und Sicherheitsdruck“, so Jürgen Müller.

Erfolgsrezept: Innovative, motivierte, bestausgebildete Mitarbeiter

 Im vergangenen Jahr stellte Silberform 70 1:1-Designmodelle her; in erster Linie Komplettfahrzeuge aus jeweils bis zu 400 bis 500 Einzelteilen. Um Modelle ganzer Fahrzeuge in Originalgröße in der geforderten Zeit und Qualität herstellen zu können, und um die perfekte visuelle und haptische Darstellung der Fahrzeuge und Ausstattungen zu visualisieren, sind in Renningen alle relevanten Produktionsmittel und modernste Technologien im Einsatz. „Wenn alle Prozesse unter einem Dach vereint sind, erzeugt das eine Effizienz und gewährleistet die Geheimhaltung“, erklärt Jürgen Müller.

Die Investitionen in Aus- und Weiterbildung bei Silberform betragen jährlich über eine Million Euro. Denn Jürgen Müller setzt bei der Suche nach Spezialisten in erster Linie auf Mitarbeiter aus den eigenen Reihen. So ist der größte Teil der 180 Beschäftigten im Unternehmen selbst qualifiziert worden. Derzeit werden in Renningen und Warmbronn 30 junge Menschen ausgebildet. So gegen den Fachkräftemangel gerüstet, hofft man in diesem Jahr einen Umsatz von über 20 Millionen Euro zu erwirtschaften. Die Auftragsbücher für die kommenden Jahre sind voll und der nächste strategische Fünfjahresplan ist weitgehend ausgearbeitet.

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